Wie unser Jahresprogramm entsteht
im Gespräch mit unserer künstlerischen Betriebsdirektorin Dr. Isabel von Bredow-Klaus
Wir betrachten Musikvermittlung als Zukunftsaufgabe. Letztes haben über 400 Teilnehmende aus 21 Nationen rund 80 Veranstaltungen erarbeitet und auch für dieses Jahr haben wir ein abwechslungsreiches Programm kreiert.
Gerne gewähren wir Ihnen einen Blick hinter die Kulissen, wie so ein Jahresprogramm überhaupt in mühevoller, agiler Teamarbeit bei uns entsteht. Hierzu haben wir uns mit der künstlerischen Betriebsdirektorin unterhalten:
Liebe Isabel, erzähl uns doch mal mehr über die Entstehung des Jahresprogramms. Wann beginnt denn immer die Planung hierfür?
Isabel:
Gerne. Da steckt tatsächlich sehr viel mehr dahinter, als man vielleicht vermuten würde und als ein Besucher ggf. auf den ersten Blick erkennt: denn wir beginnen schon immer mindestens ein Jahr im Voraus, manchmal auch noch früher.
Denn viele Ideen entwickeln sich bereits während des laufenden Festivals für das Folgejahr – u. a. in Gesprächen mit Künstlerinnen und Künstlern.
Wer ist der kreative Kopf, der das Programm entwickelt?
Isabel:
Das sind zunächst vor allem unsere Intendantin Sissy und ich. Natürlich nehmen wir unser Kernteam und den Vorstand mit auf die Reise und präsentieren unsere Gedanken, machen finalen gemeinsamen Feinschliff und ziehen dann alle an einem Strang.
Wie geht ihr dabei vor? Nach welchen Kriterien wählt ihr aus?
Isabel:
Generell haben wir viele verschiedene Kriterien. Im Fokus steht aber vor allem unser jährliches Generalthema. Dieses legen wir zuallererst fest auf Basis unserer Philosophie, unserer Werte und aktuellen Rahmenbedingungen.
Sobald dieses Generalthema steht, so wie dieses Jahr zum Beispiel „RITUALS“, füttern wir die Grundidee mit inhaltlich passenden Projekten. Nicht jede Idee erfüllt die Anforderungen und folgt unserem roten Faden, aber oft kann mit den Künstlern inhaltlich so weit gearbeitet werden, dass das Generalthema durch das Projekt verdeutlicht wird.
Ein weiteres Kriterium ist natürlich immer die Durchführbarkeit: welchen finanziellen, räumlichen, zeitlichen und personellen Aufwand erfordert die Idee und ist das für uns überhaupt realisierbar? Denn wir wollen echten Mehrwert bieten, der qualitativ hochwertig und auch verantwortungsbewusst umgesetzt wird.
Und ein drittes Kriterium muss auch immer ein Balanceakt sein zwischen der Frage: „Will das jemand hören, kommt dafür Publikum?“ sowie unserem festen Willen, Neues und auch Experimentelles zu wagen, das womöglich beim Publikum auf Unverständnis oder gar Ablehnung stoßen könnte. Aber uns ist immer wichtig, Innovation auf Basis traditioneller Werte zu wagen und uns jedes Jahr weiterzuentwickeln. Sowie auch allen Beteiligten die Möglichkeit zu geben, sich gemeinsam weiterzuentwickeln und das mit einer seit Jahren funktionierenden, erfolgreichen Plattform als Sicherheit.
Worauf achtet ihr denn besonders?
Isabel:
Neben den oben erwähnten Kriterien achten wir zudem besonders darauf, dass die jungen Künstlerinnen und Künstler nicht bloß kommen, um punktuell Konzerte abzuliefern. Uns ist es besonders wichtig, dass eine Verbindung, ein Netzwerken und somit ein echter wertvoller Austausch zwischen Ensembles aus verschiedensten Ländern und Kulturkreisen stattfinden kann.
Ein besonderes Augenmerk legen wir daher darauf, ob ein Künstler bzw. eine Künstlerin oder ein Ensemble eine spannende Kooperation mit anderen Teilnehmenden eingehen kann und will. So schaffen wir nachhaltigen interkulturellen Austausch.
In diesem Jahr kommen durch solche Verbindungen faszinierende neue Projekte zustande, die man so noch nicht gesehen hat. Die Entwicklung solcher Ideen und die fruchtbare Verknüpfung der Gruppierungen miteinander ist eine besonders interessante Aufgabe von Sissy und mir. Uns liegt es sehr am Herzen, dass die jungen Musiker:innen von neuen Erfahrungen und neuen Kontakten nachhaltig für ihre Zukunft profitieren. Zum Beispiel spielen dieses Jahr Turkmenen mit Serben gemeinsam Werke serbischer und turkmenischer Komponisten, aber auch Werke von Mozart.
Wie erfolgt denn der laufende Prozess bzw. von den ersten Schritten bis zum Stattfinden?
Isabel:
Wir betreuen die Künstlerinnen und Künstler sehr eng von der ersten Kontaktaufnahme an in persönlichen Treffen, aber auch über Videokonferenzen bzw. telefonisch. Kommunikation ist für uns hier das A und O und diese halten wir stets sehr eng verzahnt. Vor allem diejenigen Gespräche sind wichtig, in denen das Konzert- oder Workshop-Programm inhaltlich besprochen und festgelegt wird. Das ist oft ein zeitintensiver Prozess, ein gemeinsames Erschaffen – u. a. geht es auch darum, alle Einzelheiten der Besetzung, der technischen Voraussetzungen, der Auftrittsmöglichkeiten etc. genauestens mit den Künstler:innen zu besprechen. Nur dann können sie gut vorbereitet und mit der Sicherheit, dass alles adäquat für sie vorbereitet ist, beruhigt anreisen und motiviert auftreten.
Liebe Isabel, vielen Dank für diese Einblicke und wir freuen uns schon jetzt, was uns unter dem diesjährigen Generalthema RITUALS erwartet!